Moore: Potentiale für die Zukunft des Bauens

Das Projekt ‘Constructive Land Berlin/Brandenburg’ wurde durchgeführt im Rahmen des Bauhaus Earth Fellowship Programms (BE-FELLOW), einer Kooperation zwischen Bauhaus Erde und Experimental.

Kooperationspartner:innen
Experimental Foundation
Bauhaus Erde

Dieser Bericht wurde in Zusammenarbeit von Material Cultures und Bauhaus Erde im Rahmen des Bauhaus Erde Fellowship Programms als Folge einer Analyse der Lieferketten und Produktionszyklen von Paludikultur und biobasierten Materialien in der Region Brandenburg entwickelt.

Um das Ziel der Europäischen Union (EU) für 2050 zu erreichen, klimaneutral zu werden, müssen die EU-Mitgliedstaaten nach europäischem Recht die Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 55 % reduzieren. Zwei wesentliche Faktoren für die Erreichung dieses Ziels sind die Verringerung der Treibhausgasemissionen aus entwässerten Mooren und die Verringerung der Emissionen aus der Bauindustrie.
Die weltweiten Moore sind ein wichtiger Kohlenstoffspeicher und binden doppelt so viel Kohlenstoff wie alle Wälder der Erde. Sobald sie jedoch degradiert sind, werden Moore zu Nettoemittenten, wobei der von diesen Böden gebundene Kohlenstoff in Form von Treibhausgasemissionen freigesetzt wird, die den Klimawandel verursachen: 5 % der weltweiten anthropogenen CO2-Emissionen werden durch geschädigte Moorgebiete verursacht.1 10 % der Landfläche Europas sind Moore, aber bis zu 50 % der Moore in der EU sind degradiert.2 Auf nationaler Ebene kann dieser Prozentsatz sogar noch höher ausfallen. In Deutschland wurden mehr als 95 % der Moore entwässert.3 Parallel dazu ist der Bausektor durch Materialgewinnung, Produktherstellung, Neubau und Renovierung für schätzungsweise 5-12 % der Treibhausgasemissionen der EU-Länder verantwortlich.4 Kohlenstoffbindende Materialien und eine lokale Produktion sind von entscheidender Bedeutung für die Reduzierung dieser Zahl.

In diesem Bericht von Material Cultures in Zusammenarbeit mit Bauhaus Erde wird untersucht, wie umweltverträglicher Paludikulturanbau (Feuchtgebietsanbau) eine Quelle für erneuerbare, kohlenstoffbindende Baumaterialien sein kann und gleichzeitig Moorlandschaften regeneriert werden. Am Beispiel des Sernitzmoores in Brandenburg wird untersucht, wie eine Landbewirtschaftung, die die Kohlenstoffbindung in Mooren und die Dekarbonisierung des Bausektors fördert, in großem Maßstab umgesetzt werden kann, um klimatische, ökologische und wirtschaftliche Vorteile zu erzielen.

In Sernitzmoor haben wir eine Fläche von 80 Hektar (ha) als Untersuchungsgebiet genutzt, um den Schilfanbau und seine Verarbeitungskapazität zu Materialien für den Hausbau zu untersuchen. Bei der Quantifizierung der Menge an Schilfmaterial, die für die gesamte Isolierung und Bedachung eines Einfamilienhauses benötigt wird, hat unsere Untersuchung ergeben, dass dieses 80 ha große Gelände genug Material für den Bau von 60 Häusern liefern könnte, wobei eine Flächenreserve von 10 % (8 ha) für den Erhalt der biologischen Vielfalt berücksichtigt werden muss. Das bedeutet, dass das Schilfrohr für ein Haus auf etwa einem Hektar Land geerntet werden kann. Obwohl diese Flächenanalyse auf der Grundlage des Baus eines Einfamilienhauses durchgeführt wurde, ist klar, dass effizientere Typologien, wie z. B. Mehrfamilienhäuser zu Materialeinsparungen führen würden, was bedeutet, dass aus dem Ertrag aus derselben Fläche noch mehr Häuser gebaut werden könnten. Würde man dieses Modell auf die 250.000 ha Moorflächen ausdehnen, die die deutsche Regierung bis 2030 wiedervernässen will, könnte diese Fläche Baumaterial für bis zu 187.500 Wohnungen pro Jahr liefern und gleichzeitig aktiv Kohlenstoff im Boden und im Gebäude binden.

Download des Berichts hier.

Quellenangaben

1 International Union for Conservation of Nature (2021): „Peatlands and Climate Change“. IUCN Issues Brief
2 UN Environment Program World Conservation Monitoring Centre (2021): „Research Reveals a Quarter of Europe’s Peatlands are degraded, Ahead of Key Climate and Biodiversity Summits”. Abgerufen im Juni 2023, von https://www.unep-wcmc.org/en/news/research-reveals-a-quarter-of-europes-peatlands-are-degraded--ahead-of-key-climate-and-biodiversity-summits
3 Global Peatlands Initiative (2021): „Germany has Published its First-ever National Peatland Protection Strategy“. Abgerufen im Juni 2023, von https://globalpeatlands.org/germany-has-published-its-first-ever-national-peatland-protection-strategy
4 European Commission – Internal Market, Industry, Entrepreneurship and SMEs: „Buildings and Construction“. Abgerufen im Juni 2023, von
https://single-market-economy.ec.europa.eu/industry/sustainability/buildings-and-construction_en#:~:text=Der%20Bausektor%20ist%20für%20den%20gesamten%20nationalen%20Gasausstoß%20verantwortlich
5 Greifswald Moor Centrum (2021): “Opportunities for Peatlands and Paludiculture in the EU Common Agricultural Policy”. GMC Briefing Papers Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (2011): „Neubaunachfrage in Deutschland bis 2025“. Abgerufen im Juni 2023, von
https://www.bbsr.bund.de/BBSR/DE/forschung/fachbeitraege/wohnen-immobilien/wohnungsmarktprognose/Archiv/Neubaunachfrage/neubaunachfrage.html

Moorlandschaft © Lucas Triese, BioFilm

Ein Abfluss auf dem Gelände der Torfwiese © Zara Pfeifer

Potentielle Ressourcen im Sernitzmoor © Material Cultures

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